Fotos: © MMS
Ostern 2010
Brief von Sr. Walburga
aus Addis Abeba
Ausnahmsweise feiern wir dieses Jahr die
Fastenzeit gemeinsam mit Euch, das kommt nur alle paar Jahre vor.
Dafür gab es kaum eine Weihnachtszeit für uns, da wir erst am 7.
Januar Weihnachten feiern und hier die Fastenzeit zehn Tage Vorspann
hat, weil wie eh und je noch extra für den Kaiser - heute für den
Prime Minister und seine Regierung - gefastet und gebetet wird. In
anderen Jahren kam mir diese Zeit immer so furchtbar lange vor (hier
wird das Fast nämlich sehr ernst genommen, und wenn man nicht
fastet, dann redet man auf jeden Fall davon und hat immer ein
schlechtes Gewissen, da wir nicht so gut mit dem Fasten sind wie die
Orthodoxen Christen oder die Katholiken, die dem orientalischen
Ritus folgen).
Im Alltag stehlen andere Dinge den Vorrang, wie
die Armen und Kranken, deren Zahl nicht abnehmen will, und dann
immer wieder neue Notwendigkeiten und Pläne für das Attat
Krankenhaus, um den Dienst an den Kranken zu verbessern, zu sehen,
dass die Wasserversorgung ausreichender wird, Medizin und tausend
andere Dinge aus Addis Ababa zu besorgen mit erschwinglichen
Preisen, wenn man sie überhaupt auf dem Markt findet.
Gerade komme ich von unserer Jahresversammlung in
Nairobi zurück, wo wir die Gelegenheit wahrnehmen, von dort
medizinisches Material zu bekommen und mitzuschleppen (Chirurgisches
Nahtmaterial, Katheter, Blutspendebeutel usw. haben natürlich
Vorrang vor anderen schönen Sachen, die wir auch gerne mitbringen
würden wie Schokolade oder Nahrungsmittel, die hier zu teuer sind).
Ein Grund warum die Zeit so schnell verging, waren
nach der 40-Jahr-Feier für Attat und Weihnachten das silberne
Ordensjubiläum von Sr. Senait am 16. Januar in Addis und am 17. in
Medida, ihrem Heimatort. Alle unsere Schwestern von Attat und
Wolisso haben sich dafür frei gemacht, um dabei zu sein und die
kleine Gemeinde von 30 katholischen Familien in einer Umgebung von
Orthodoxen Christen, von denen auch viele mitgefeiert haben,
festlich zu vergrößern. Von Addis waren das fast vier Fahrstunden,
obwohl es nicht weiter als 130 Kilometer ist.
Zu Sr. Inges Goldenem Jubiläum am 11. Februar in Attat waren wir dann noch einmal alle zusammen, um mit Inge und rund
160 Mitarbeitenden zu feiern. Die äthiopische Fastenmahlzeit mit
Injera und sehr schmackhaften Erbsen- und Linsensoßen, gemischtem
Gemüse mit Kartoffeln, hat uns die Fleischtöpfe vergessen lassen,
und zur Nachspeise haben wir für 250 Leute "Fastenkuchen" (ohne
Eier, Milch und Butter) serviert.
Bald danach mussten Sr. Toni und ich uns auf die
jährliche Afrikaversammlung in Nairobi vorbereiten, von der wir
gerade noch rechtzeitig zurückkamen, um bei der Erneuerung von Sr.
Nigists Gelübte am 13. März in Addis dabeizusein, und Sr. Inges 75.
Geburtstag zu feiern.
Zur Zeit sind wir hier in Addis außer den
österlichen Feierlichkeiten mitten bei der Vorbereitung der
Bischofsweihe unseres Generalvikars Abba Lisane Christos, der aus
der Nähe von Attat stammt. Es soll ein schöner Tag werden, denn wir
wollen ihm Mut machen für seine neue Aufgabe, die besonders den
nordwestlichen Teil der übergrößen Diözese von Addis Abeba betrifft.
Auch in diesem Jahr habe ich wieder das Privileg
vier deutsche Kinder auf die Erstkommunion vorzubereiten. Ich mache
es gerne, denn ich finde es immer wieder toll welche Einsichten
diese Kinder in das Geheimnis des Glaubens haben.
In Addis haben wir zwei neue junge Schwestern, die
künftig mitarbeiten werden: Sr. Margareth aus Malawi in der
öffentlichen Gesundheitsvorsorge und Dorfarbeit in Wolisso, und Sr.
Pushpa aus Nordindien als Apothekerin in Attat. Beide sind gerade
hier in Addis zum Sprachstudium.
Politisch machte uns das neue Gesetz Sorge, das im
Januar in Kraft getreten ist. Es bestimmt, dass alle
Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs oder CSOs) von denen es weit
über 1000 gibt, sich neu registrieren müssen. Das kann nur
geschehen, wenn sie ganz bestimmte Richtlinien befolgen und sich
nicht in die Angelegenheiten des Staates einmischen. Wichtig ist,
dass solche Organisationen nicht mehr als zehn Prozent ihres
Umlaufes aus Geldern außerhalb des Landes beziehen, sonst werden sie
nicht mehr als einheimische Organisation anerkannt und müssen sich
den Gesetzen für internationale Organisationen unterwerfen; dürfen
sich zum Beispiel nicht für die Menschenrechte einsetzen. Die
Katholische Kirche, ihre soziale und entwicklungsfördernde Arbeit
wurde Gott sei Dank neu registriert. Was den pastoralen Bereich
betrifft, fällt dieser nicht unter das Gesetz, vorausgesetzt, das
die Kirche "rein pastoral" tätig ist, das heißt Beten, Eucharistie
feiern, Seelsorge usw.
Bis jetzt sind wir noch nicht in unserer Arbeit
auch der Bewusstseinsbildung gestört worden, wie Sr. Senait bei
ihrem Einsatz für arme Familien, alleinerziehenden Müttern, Schutz
von besonders gefährdeten Kindern (zum Beispiel Straßenkinder und
Zurückführung von Straßenbettlern in ihren Heimatort). Dies
geschieht in Zusammenarbeit mit der Regierung.
Sr. Belaynesh koordiniert und animiert die
Bewusstseinsbildung für Friede und Gerechtigkeit. Sie trägt viel
dazu bei, die Wurzeln so manchen Übels anzupacken, wobei es ihr
hauptsächlich um die Veränderung des Einzelnen (unser eigenes
Einsehen) geht, wo und wie wir an Unstimmigkeiten und
Ungerechtigkeit in unserem eigenen Umfeld beitragen. Sie erzählt oft
von den "Peace Clubs" der Jugendlichen, die sie gegründet hat, und
ist so begeistert, wie diese solche Gedanken aufnehmen und von ihrer
eigenen "Bekehrung" berichten.
Was unsere Arbeit in Attat und Umgebung betrifft, ist es zwar
zeitraubend und schwierig alle die nötigen Erlaubnisse zu bekommen,
zahlreiche Berichte zu schreiben und bei den Behörden vorzusprechen,
aber im großen und ganzen erfahren wir Unterstützung und Zuspruch.
Vor allem durch die gute Arbeit in der Vorbeugung von Mütter- und
Kindersterblichkeit, sowie HIV/AIDS Beratung und Therapie, hat Attat
einen guten Namen und wird vielerorts zu Rate gezogen, besucht und
als Referenz immer wieder angegeben.
In diesem Jahr wird wohl ein Traum wahr, nämlich die mit täglich
rund 200 Patienten überlaufene Ambulanz in ein zweistöckiges Gebäude
umzuwandeln, was das Gedränge irgendwie verteilen soll.
Außerdem sind acht weitere Brunnen geplant. Gerade hat das
Wasserteam Dörfer ausgesucht, denen zuerst geholfen werden soll. Sie
gehören alle zum Programmumfeld von Attat mit regelmäßiger
Betreuung.
Sr. Inge weiht einen neuen Brunnen ein
• KORKWAT VILLAGE - etwa vier Kilometer von
Attat entfernt mit zahlreichen Einwohnern. Es gibt dort schon
einen Brunnen der über 15 Jahre alt ist. Das Wasser reicht nicht
aus für das große Dorf, und manchmal kommt gar kein Wasser.
Außerdem wurde festgestellt, dass das Wasser einen unangenehmen
Geruch hat.
• TATOCHE VILLAGE - etwa zehn Kilometer von
Attat, auch ein großes Dorf mit einem von CRS (Catholic Relief
Service) vor mehr als 20 Jahren gebohrten Brunnen. Wasser
scheint reichtlich zu kommen, aber es hat auch einen
unangenehmen Geruch, die Farbe ist nicht klar sondern leicht
rostig.
• KAFFA YESHERE - hier gibt es bisher noch
keine Wasserquelle außer einigen handgegrabenen Brunnen, die in
der Trockenzeit kein Wasser hergeben.
• KAFFA SHEIK - es gibt dort einen vor zwei
Jahren von der Regierung gebohrten Brunnen mit 40 Meter Tiefe,
woraus aber nur dickes zementartiges Wasser kommt.
• WONZERE I - ein anderer Brunnen, vor 22
Jahren von CRS gebohrt, mit 75 Meter Tiefe und Handpumpe
bedienbar. Das Wasser reicht nicht aus für die Dorfgemeinschaft.
• WONZERE II - auch ein Brunnen, vor 22
Jahren von CRS gebohrt, 149 Meter Tiefe und mit gut
funktionierendem Generator zu bedienen. Die Bewohner tragen im
Monat je 8 Birr bei für Diesel, die Wächter und die
Instandhaltung. Jeder Einwohner darf 20 Liter pro Tag zapfen.
Das Wasser reicht nicht aus.
• KOROMIA II - es gibt einen einzigen Brunnen
in einer etwas schlammigen Gegend und das Wasser hat auch einen
unangenehmen Geruch. Dieses Dorf ist ein vorbildliches Dorf mit
dem wir gut zusammenarbeiten können, und wir möchten dieses Dorf
besonders unterstützen.
• KOTO METAGENGA - Hier gibt es bisher noch
keine einzige Wasserquelle.
Bevor wir in irgendeinem dieser Dörfer einen Brunnen bohren, wird
eine geologische Untersuchung vorgenommen, um die besten
Wasserquellen zu finden, wobei es sehr schwierige Gegenden gibt. Das
muss alles schnellstmöglich geschehen, denn wir sind darum bemüht
mit dem Bohren vor der Regenzeit (normalerweise Juni bis September)
zu beginnen, weil das die besten Ergebnisse bringt.
<---zurück zu Rundbriefe