Attat Hospital in Äthiopien
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Fürchtet euch nicht! Am Ende siegt das Licht.
Schaut auf das Kind, das stärker als der Wind.
Traut eurem Gott! Er weiß um eure Not.
Spürt seinen Geist, der Stärke euch verheißt.
Tut was Gott will! Dann wird das Dunkel hell.
Fürchtet euch nicht! Am Ende siegt das Licht.
(Hermann Schulze-Berndt)

Attat im Advent 2021

Mit dem Advent sind die letzten Wochen des Jahres angebrochen, ein guter Anlass Dank zu sagen und etwas über uns hier zu erzählen. Auch in diesem Jahr haben wir die Erfahrung gemacht, von einem starken Netzwerk von Menschen getragen zu sein. Das relativiert Vieles und gibt Kraft.

Obwohl Viele schon keine COVID Meldungen mehr hören können, möchte ich trotzdem davon berichten, da immer wieder Nachfragen dazu kommen. Im Gegensatz zu vielen Gegenden der Welt sind wir bis jetzt sehr glimpflich davongekommen. Wir haben gemäß Regierungsauflage fünf Betten für COVID Patienten in einer separaten Ecke des Krankenhauses. Gestern ist eine alte Dame nach drei Wochen Aufenthalt gesund entlassen worden. Seit Beginn sind nur fünf Menschen hier an COVID verstorben. Momentan sind die COVID-Betten leer.

Wir können jetzt Schnelltests machen. Bisher konnten 2.500 Tests durchgeführt werden, zirka 10 Prozent sind positiv. Konkret heißt das, es werden 2-3 Ambulanz-Patienten pro Tag diagnostiziert. Diese gehen mit Medikamenten in die Quarantäne nach Hause.

Impfstoff kommt eher spärlich hier an. Vor sechs Monaten wurde das gesamte Personal mit Astra-Zeneca doppelt geimpft. Dann bekamen wir noch weitere 450 Dosen Astra-Zeneca , 350 Dosen Johnson & Johnson und letzte Woche erreichten uns 2.600 Dosen Sinovac. Alles wurde sofort am nächsten Tag in den umliegenden Dörfern verimpft.

Auf dem Krankenhausgelände herrscht Maskenpflicht. Im täglichen Gesundheitsunterricht im Ambulanz-Wartebereich werden regelmäßig die nötigen Isolations- und Verhaltensmaßregeln für COVID-Kranke zu Hause erklärt.

COVID hat sich in die Liste der anderen ansteckenden Krankheiten, wie Malaria und Typhus, eingereiht und wird momentan eher unaufgeregt gehandhabt. Momentan haben wir mehr Probleme mit Typhuskranken, da es Trinkwasserprobleme gibt.

Zur Zeit ist Trockenzeit und Erntezeit. Viele Menschen sind auf den Feldern beschäftigt, daher ist die Ambulanz momentan nicht so voll. Ansonsten haben sich die Patientenzahlen nach der COVID-Flaute, als Patienten wegen Lock-down-Maßnahmen oder aus Angst vor Ansteckung nicht ins Krankenhaus gekommen sind, wieder normalisiert.

Das Pilotprojekt “Krankenversicherung“, als Angebot für die Menschen in unserem Einzugsgebiet, geht weiter. Zwischendurch müssen wir uns mit der Regierung um die Rückerstattung der Kosten streiten, aber bis jetzt gab es noch immer eine Lösung.

Mit der Wiedereröffnung der Schulen und Universitäten, hat auch der Reigen der Berufspraktikumsgruppen in den verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses wieder begonnen.

Letzte Woche hat das regionale Gesundheitsbüro auf unserem Gelände eine Tagesveranstaltung durchgeführt. Neu gegründete oder eher unerfahrene Gesundheitsstationen und Primary Hospitals sollen von den Erfahrungen lernen, die wir in Attat in über 50 Jahren Praxis als Primary Hospital erworben haben. Wir sind gespannt, was sich daraus entwickelt. Die Idee hat Potential für alle Beteiligten, besonders bezüglich Vernetzung und Zusammenarbeit.

Das Bildungssystem im Land ist noch etwas durcheinander. Mit Verzögerung konnten einige unserer geförderten Jugendlichen ihren Abschluss machen und eingestellt werden. So konnten die leer gewordenen Stellen durch Pensionierung oder Kündigung im Kreissaal, in der Apotheke, im Labor und auf den Stationen besetzt werden. Leider stellt uns die Regierung dieses Jahr keine Ausbildungsplätze zur Verfügung, da es einen großen Rückstau an Schulabgängern gibt und somit schon alle Plätze vergeben sind. Wir hoffen auf bessere Karten im nächsten Jahr.

Dass sich Engagement in Ausbildung lohnt, hat sich auch in diesem Jahr wieder gezeigt. Während meines Heimaturlaubs konnten mich unsere beiden äthiopischen Emergency Surgical Officers gut vertreten. Über viele Jahre haben wir uns in dem Ausbildungsprogram dieser Berufsgruppe engagiert, sie haben bei uns Operieren gelernt.

Flexibilität und Vertrauen sind zwei Grundeigenschaften, die man hier immer wieder gut gebrauchen kann. Nach meiner Rückkehr aus Deutschland kündigte unser Chirurg, Dr. Abdulsemed, nach 12 Jahren gemeinsamen Dienst. Er ist mit seiner Familie in die Hauptstadt Addis Abeba gezogen. Letzte Woche hat uns die Regierung einen neuen Chirurgen zugewiesen. Wir hoffen, dass er sich gut einlebt.

Ein Schrecken war die Aufnahme von Sr. Inge Jansen ins Krankenhaus direkt nach ihrer Ankunft in Deutschland zum Heimaturlaub. Der Grund waren diverse akute medizinische Probleme kompliziert durch eine COVID Infektion. Mit ihren 86 Jahren hat sie Alles  überlebt, ist aber noch weiterhin in Behandlung. Die Kehrseite eines solchen unvorhersehbaren Ereignisses ist die Erfahrung, dass jetzt das Team, das Sr. Inge ausgebildet hat, die Finanzarbeit selbstständig und gut macht.

Die Übergabe in äthiopische Hände galt es auch für unsere indische Mitschwester Sr. Elise zu gestalten. Nach 30 Jahren Wirken in Äthiopien kehrt sie nach Indien zurück. Auch sie hat Leute ausgebildet und vorbereitet, die ihre Arbeit im Ambulanzbetrieb weiterführen.

Ich kann nicht ohne eine Bemerkung zum Bürgerkrieg enden. Alles ist sehr unübersichtlich und komplex und so sinnlos wie jeder Krieg sinnlos ist. Erschreckend ist es, die Macht der Medien in der Meinungsbildung zu erleben und auch wie sehr geopolitische Interessen anderer Staaten zusätzliche Verwicklungen schaffen.

Attat liegt im südlichen Äthiopien, ist also nicht direkt von Kriegshandlungen betroffen. Trotzdem spüren wir die Auswirkungen in der Polarisierung der Gesellschaft und im Mangel an Waren und Medikamenten, weil die Resourcen in den Krieg gehen. Viele beten für uns und alle hoffen auf ein baldiges Ende dieses Alptraums.

Ein Zeichen der Hoffnung ist die Arbeit an der Straße, die zum Krankenhaus führt und der Bau des Fundaments für einen Sendemasten für Internet auf einem Hügel in der Nähe.

Ein Zeichen der Hoffnung sind unsere mehr als 200 treuen, engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diversen Teams in den Abteilungen kompetente Gesundheitsversorgung möglich machen. Sie tun dies trotz erschwerter persönlicher Lebensbedingungen mit rasant steigenden Lebenshaltungskosten.

Ein Zeichen der Hoffnung sind Sie und das Vertrauen und die Unterstützung, die sie uns schenken und dadurch unser Hiersein erst möglich machen. Wir können den Menschen helfen, weil Sie teilen. Ich kann Ihnen versichern, dass der Dank und das Gebet vieler Hundert Menschen Sie ins neue Jahr begleitet.

Im Namen des gesamten Teams, und besonders auch im Namen von Sr. Inge, die hoffentlich nächstes Jahr wieder mitunterschreibt, wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben das Vertrauen, dass am Ende das Licht siegt.

Sr. Rita Schiffer

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