Attat Hospital in Äthiopien
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Der zu Weihnachten geboren wurde
Hat nicht auf Probe mit uns gelebt,
Ist nicht auf Probe für uns gestorben,
Hat nicht auf Probe geliebt.
Er ist das Ja und sagt das Ja,
Ein ganzes, unwiderrufliches
Göttliches Ja- zu uns
Zur Menschheit, zur Welt...

(Klaus Hemmerle)


Attat im Advent 2020

Die Regenzeit war in diesem Jahr etwas heftig. Normalerweise beschweren sich die Menschen hier nie über Regen, aber als in diesem Jahr der Mais auf den Feldern verfaulte, wurde geklagt. Jetzt ist blauer, wolkenloser Himmel. Wir hoffen, dass es bis zum Ende der Teffernte so bleibt.

Für uns alle geht ein ungewöhnliches Jahr zu Ende. Zu Beginn ahnten wir noch nicht was uns bevorstand. Wir hatten, wie meist, liebe Besucher, die uns auf unterschiedliche Weise unterstützen. Im Büro hing der Plan der Gäste für 2020. Am 11. Februar feierten wir dankbar mit Sr. Inge ihr
60-jähriges Ordensjubiläum ... und dann kam alles anders ... die Gäste reisten überstürzt ab und von jetzt auf gleich war Äthiopien im Lockdown. Alle waren verunsichert.

Die traditionelle Art der Begrüßung mit Umarmung und Wangenkuss wurde durch eine Verbeugung mit Hand aufs Herz ersetzt. „Social distancing“ wurde eingeführt mit allen Konsequenzen für Feste, Gottesdienste, Beerdigungen und Markt. Die Schulen und Universitäten wurden geschlossen. Im Krankenhaus waren Ambulanz und Stationen fast leer,  weil die Menschen Angst hatten sich anzustecken oder wegen mangelnder Transportmöglichkeiten. Im Nähzimmer wurden Mundschutze genäht. Die Apotheke produzierte Händedesinfektionsmittel für die Mitarbeitenden. Eine Covid 19 Arbeitsgruppe übernahm die Koordination der Maßnahmen fürs Krankenhaus und in den umliegenden Dörfern. Separater Eingang und Ausgang, Hände Waschen beim Betreten und Verlassen des Geländes, Temperaturmessung und Befragung am Eingang und Mundschutzpflicht auf dem Krankenhausgelände sind nun die Norm. Einen Monat lang übertrug das äthiopische Fernsehen abends Gottesdienste der verschiedenen Religionsgemeinschaften. In allen Kirchen und in den Familien wird kontinuierlich um Bewahrung gebetet.

Besonders wichtig war und ist uns die Aufklärungsarbeit in den umliegenden Dörfern. Durch Hausbesuche konnte unser Public Health Team klare Informationen geben, um Ängste zu reduzieren und praktische Tipps für Präventionensmaßnahmen im Alltag zu geben. Durch den direkten Kontakt hat das Team auch im Blick, wer dringend Unterstützung braucht. Wie überall sind auch hier die Folgen der Lockdown-Maßnahmen weitreichend und einschneidend, besonders für die Armen.

Zu Beginn waren die täglichen Infektions- und Todeszahlen ständiges Gesprächsthema. Jetzt, neun Monate später, fragt kaum jemand mehr danach. Wir sind dankbar, dass wir, hier auf dem Lande, bis jetzt verschont geblieben sind. Bei Verdacht können wir um Testung bitten. Es gibt eine Quarantäne-Möglichkeit aber die meisten würden, im Fall der Fälle, einfach zu Hause bleiben. Die Schulen beginnen Schritt für Schritt wieder. Viele Schülerinnen und Schüler warten ungeduldig auf den Neubeginn. Die Krankenhaus-Ambulanz füllt sich wieder und der Op-Plan wird auch wieder voller.

Irgendwie haben die Notwendigkeiten des Alltags die Angst überholt.Viele sagen, wir haben gelernt mit HIV und anderen Infektionskrankheiten zu leben, jetzt lernen wir mit Covid 19 zu leben. Präventionsmaßnahmen und das Beten sowieso sind jetzt Teil des Alltags.

Es war/ist eine tolle Erfahrung, wie auch in diesen Zeiten, das Netz unserer Freunde und Wohltäter uns trägt. Material zur Prävention und finanzielle Hilfe für die Armen und viele Nachfragen, wie es uns geht, zeigen, dass die Menschen hier nicht vergessen sind.

Das Pilotprojekt: Krankenversicherung: Diese wurde letzes Jahr in vier Bezirken unseres Einzugsgebiets eingeführt. Die Zielgruppe sind vor allem bedürftige Familien und chronisch Kranke. Statt im Krankenhaus um freie Behandlung zu betteln, ermutigen wir die Leute aus den entsprechenden Gebieten Kassenmitglied zu werden.

Als Berechtigung für die Behandlung im Krankenhaus braucht man eine Überweisung von einer Gesundheitsstation. Das vergessen viele, die kommen. Umstellung braucht Zeit. Die Zahl der Abrechnungen über die Krankenkasse ist von vier Patienten in 2019 auf dieses Jahr ca. 9000 gestiegen. Bei unserer jährlichen Anzahl von 112.000 Ambulanzbesuchen ist das immer noch gering aber es ist ja eine Pilotstudie. Die Krankenkasse ersetzt dem Krankenhaus zunächst 70 Prozent der Kosten. Quartalsweise werden die Akten dann geprüft. Bei Fehlern, vor allem in der Dokumentation, gibt es Abzüge bei den verbleibenden 30 Prozent. Mal sehen wie sich das Ganze entwickelt... auf jeden Fall ein Versuch wert. Alle lernen noch.

Das 400 Betten Universitätskrankenhaus hat seine Arbeit begonnen. Die Aktivitäten sind noch eher begrenzt aber es gibt große Pläne mit CT und Chemotherapie und allem drum und dran. Uns wäre es ganz recht, wenn wir unsere schwerkranken Patienten nur sieben Kilometer schicken müssen statt 185 Kilometer nach Addis Abeba. 20 Fachärzte sind dort tätig und diese haben gleichzeitig sieben neue Privatpraxen in der Umgebung eröffnet.

Eine Herausforderung für uns ist, dass erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt haben und jetzt an der Uni-Klinik arbeiten, zum Beispiel unser Laborleiter und drei MTAs, der Leiter des OPs und ein zweiter Anästhesist, die leitende Hebamme und fünf weitere Hebammen, zwei Buchführungskräfte und jemand vom technischen Dienst. Bei gleicher Bezahlung bleibt die Motivation für uns relativ unklar, Prestige, Aufstiegschancen, Abwechslung? Nach vielen Jahren Stabilität im Personal müssen wir uns jetzt auf mehr Mobilität einstellen.

Unsere Zielgruppe sind vor-allem Menschen, die sich keine privaten Praxen leisten können. Die Situation auf dem Gesundheitsektor wird auch in unserer Gegend komplexer.

Die Versorgung mit Medikamenten und Materialien wird immer schwieriger und teuerer.Vom zentralen Medikamentenlager der Regierung waren letzte Woche von 81 angeforderten Medikamenten nur ein Viertel lieferbar. Unser Apotheker hat dann bei privaten Importeuren noch 13 Artikel für teures Geld organisieren können. Das ist schwierig für eine vernünftige Versorgung!

Die ethnischen Konflikte im Land werden die Lage sicher noch verschärfen. Friede ist ein kostbares Gut.

Eine Begebenheit am Rande, die mich (Sr. Rita) berührt hat. Eine Hebamme, die in der Ambulanz arbeitet, bat um einen Arbeitsplatzwechsel. Geplant war ein Wechsel zur Schwangerenvorsorge. Durch unseren Personalverlust mussten die Pläne geändert werden. Sie wurde gebeten, vorerst in der Ambulanz zu bleiben. So war ich nicht erstaunt, sie am nächsten Morgen völlig verheult und missmutig anzutreffen. Sie tat mir sehr leid aber es war keine andere Lösung möglich. Nach der Mittagspause war sie wieder ausgeglichen und freundlich wie üblich. Ich fragte, was denn geschehen sei. Ihre Antwort:  "Ich habe in der Pause darüber nachgedacht, was wichtig ist im Leben. Ich bin am Leben und gesund, habe eine Familie und eine Arbeit. Das ist Grund genug dankbar statt traurig zu sein.“

Für mich ist dies ein kleines Beispiel für die Widerstandfähigket und Frustrationstoleranz, die viele Menschen in unserem Umfeld entwickeln. Das gibt Kraft fürs Leben. Diese Haltung dann noch in Kombination mit Gottvertrauen...

Ermutigt durch solche Erlebnisse und in Verbundenheit mit Ihnen allen gehen wir hoffnungsvoll und dankbar ins neue Jahr.

Wir wünschen auch Ihnen, trotz Pandemie, einen zuversichtlichen Weg auf Weihnachten zu und Gottes guten Segen, vor allem Gesundheit für 2021.Täglich sind Sie und Ihre Lieben in unserem Beten eingeschlossen.

Ihre Missionsärztlichen Schwestern aus Attat.

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