Gottes Sohn wurde Mensch, damit der Mensch
seine Heimat habe in Gott. (Hildegard von Bingen)
Attat im Advent 2018
Der Regen, der in Deutschland fehlt, ist leider zur Erntezeit hier
gelandet. Das ist nicht gut. Vieles scheint aus dem Gleichgewicht zu
sein, und wir Menschen haben durch unsere Lebensführung mit dazu
beigetragen.
Trotzdem herrscht momentan in Äthiopien eher Aufbruchstimmung. Der
neue Premier Abiy Ahmend ist seit einem halben Jahr im Amt und
scheint viel zu bewegen. Sein Motto ist „Versöhnung“, um gemeinsam
an der Zukunft für Äthiopien zu bauen. Auch seine Initiative auf den
Erzfeind Eritrea zuzugehen, ist ein wichtiges politisches Signal.
Korrupte Beamte, auch Generäle, kommen ins Gefängnis. Es geschieht
was, und die Menschen haben den Eindruck, dass sich jemand kümmert,
sich für sie einsetzt. Eine Frau Sahalework als Staatspräsidentin zu
haben, ist auch ein Novum und ein Zeichen. Gleichzeitig ist klar,
dass in einem Land mit 100 Millionen Menschen, davon 60 Millionen
unter 25 Jahre, große Herausforderungen existieren.
Wir erleben dies vor unserer Haustür. In der Universität, 5 km von
uns entfernt, sind inzwischen 15.000 Studenten mit 13 verschiedenen
Studiengängen. Das Universitätskrankenhaus ist leider immer noch im
Bau, so dass viele der Jugendlichen in medizinischen Berufen bei uns
ihr Praktikum machen. So sind jetzt Gruppen von Jugendlichen in
weißen Kitteln auf den Stationen, im Kreissaal und auch auf den
Gelände (beim Unterricht an frischer Luft) ein alltägliches Bild. Es
bleibt die Frage der Qualität der Ausbildung, aber natürlich ist
„etwas“ Praxis und Krankenhausalltag besser als gar nichts. So
bemühen sich alle Beteiligten, das Bestmögliche zu tun.
Das Engagement der Regierung die Müttersterblichkeit weiter zu
reduzieren wird fortgesetzt. Das nächste Ziel ist das Überleben der
Neugeborenen zu verbessern. Die Erweiterung unserer
Neugeborenenabteilung zielt in die gleiche Richtung. Die Belegung
ist von 398 auf 435 im Jahr gestiegen. Als Nächstes müssen wir mehr
Wärmebettchen anschaffen. Die Zahl der Entbindungen hat sich bei
3.700 im Jahr eingependelt. Die Anzahl der großen (1.970) und
kleinen (6.883) Operationen ist auch etwa wie im Vorjahr. In Kooperation mit
der örtlichen Gesundheitsbehörde haben wir in diesem Jahr besonders
viele Frauen mit Gebärmuttervorfall operiert. Durch die Hilfe der
Gesundheitshelfer vor Ort konnten auch Frauen aus sehr abgelegenen
Gegenden zum Krankenhaus gebracht werden.
Ein weiteres großes Feld bleibt die Bekämpfung der Tuberkulose. Alle
Patienten, die Husten haben, werden in einem separatem Zimmer in der
Ambulanz untersucht und auf Tuberkulose überprüft. Die
Schlafgewohnheiten in den Hütten (alle in einer Ecke ) und durch die
überfüllten Zimmer in den Städten ist die Gefahr der Verbreitung
groß. Besonders gefürchtet sind Patienten, bei denen kein Medikament
mehr wirkt. Sie werden in einem spezielles Krankenhaus in Addis
Ababa untergebracht.
Das Ausbildungsprogramm für die „Integrated Emergency Officers“ von
der Universität in Jimma, die bei uns das Operieren lernen, geht
erfolgreich weiter. Wir haben einen zweiten Absolventen dieses
Programms eingestellt. Sie haben wirklich genau die richtigen
Fähigkeiten um in einem „Primary Hospital“, wie wir es sind, zu
arbeiten.
Es war möglich aus den umliegenden Dörfern Jugendliche auszuwählen
und 20 von ihnen in eine prakrische Ausbildung zu vermitteln. Wir
hoffen weiter, dass 30 Personen ihre Ausbildung an der
Krankenpflegeschule in Hosanna beginnen können.
Im Vorsorgeprogramm (public health) hat Sr. Senait Mengesha, eine
der äthiopischen Mitschwestern, im Februar die Leitung übernommen.
Dies war ein guter Zeitpunkt die Aktivitäten des Programms mit Hilfe
einer wissenschaftlichen Studie zu überprüfen. Die gewonnenen
Erkenntnisse werden in den nächsten Jahren umgesetzt und neue
Initiativen, wie zum Beispiel Solarenergie bekommen mehr Raum im
Programm. Die Routine wie Impfungen, Müttervorsorge,
Gesundheitserziehung, Behindertenarbeit und die Unterstützung für
sehr arme Menschen, zum Beispiel beim Hausbau oder durch monatliche
finanzielle Hilfe, bleiben Kernstück des Programms.
Die renovierten Stationen bewähren sich prima, einschließlich
OP-Bereich und Entbindungseinheit mit eigenem Operationssaal. Es tut
gut Platz, Licht und Luft zu haben.
Alle sechs Wochen kommt ein äthiopischer Augenarzt und operiert
zirka 20 Personen mit grauem Star. Die HNO Ärzte aus Holland haben
ihr Ausbildungsprogramm für die äthiopischen HNO Assistenzärzte nach
einem Jahr Unterbrechung (verursacht durch die Unruhen im Land)
wieder aufgenommen.
Mit dem neuen Jahr beginnen wir unser Jubiläumsjahr „50 Jahre Attat“.
Eine der Gründungsschwestern, Sr. Inge Jansen, ist noch immer aktiv
hier und beaufsichtigt die Finanzen. Beim Rückblick über die Jahre
wird Fortschrift und Entwicklung sehr deutlich erkennbar. Ein
kleines Beispiel: im Jahr 1987 hatten wir 50 Kaiserschnitte und
50 Uterusrupturen (= Zereißung der Gebärmutter durch
verschleppte Geburt).
2017 hatten wir 801 Kaiserschnitte und 12 Uterusrupturen. Ambulante
Patienten gab es von Anfang an viele, und das ist heute noch so mit
durchschnittlich 358 Patienten wochentags. Der größte Unterschied in
der Art der Erkrankungen haben Gesundheitserziehung, Impfungen,
Vorsorge und das große Wasserprogramm gemacht. Durch diese Maßnahmen
sind Augen-, Haut- und Durchfallerkrankungen drastisch zurück
gegangen.
Wir blicken sehr dankbar auf so viele Jahre der Weggemeinschaft und
das Engagement vieler Menschen zurück. Das Netz der Solidarität hat
das Projekt getragen, wachsen lassen, und es trägt uns weiter. Allen
ein herzliches Danke für Gebet, Teilen und tatkräftige Hilfe.
Alle die Internet und Zeit haben, sind herzlich eingeladen mal auf
unsere Website: www.attat-hospital.de
zu schauen.