Attat
im Advent 2017
Es ist nach der Freitagsmorgenvisite in der Trockenzeit in Attat.
Die Temperaturen steigen so langsam wieder von 5 Grad in der Nicht
hin zu 30 Grad in der Sonne am Mittag. Es war eine Erleichterung,
dass die Frau im Bett 11 auf der chirurgischen Station lebend und
mit einem zufriedenen Lächeln in ihrem Bett lag. Gestern mussten wir
ihr notfallmäßig wegen lebensgefährlicher Blutungen nach der Geburt
die Gebärmutter herausnehmen. Ihr Zustand war sehr kritisch aber
Gott hat ihr das Leben zurückgeschenkt. Die ist Mutter von fünf
Kindern. Das ist ein schönes Geschenk. Auch die anderen Patientinnen
nach einem Kaiserschnitt waren guter Dinge. So ging die Visite mit
dem üblichen Getümmel und Geschrei der Neugeborenen gut zu Ende.
In einem anderen Zimmer beklagten sich die Mitpatienten über den
Geruch, der von der Wunde einer Patientin ausging. Sie ist als
Epilepsiepatientin im Anfall mit ihren Beinen in die Feuerstelle in
der Hütte gefallen und hat tiefe schwere Verbrennungen, die sehr
infiziert sind. Wir haben die Wunde im Operationssaal gründlich
gereinigt und verbunden. Es wird noch ein langer Weg, falls es
überhaupt heilt. Momentan haben wir drei solcher schwerstverwundeten
Patienten mit tiefen Brandwunden. Was für eine Belastung für die
Patienten und vor allem auch für die Begleitpersonen. Es ist ein
langer Weg hin zur Gesundung oder eine Amputation der Gliedmaßen,
wenn nötig. Alle brauchen Geduld.
Ein seltsamer Einstieg in einen Weihnachts-Dankesbrief? ... oder
auch nicht. Denn, dass wir mit unserem Team hier vor Ort für diese
Menschen da sein können, verdanken wir dem "Netz" der vielen
Menschen, die uns helfen. Wir sind getragen im Gebet, durch
praktische Hilfe und durch Spenden.
Die größte positive Veränderung im vergangenen Jahr ist die
Fertigstellung der Stationen und der Korridore. Alles ist jetzt viel
geräumiger und heller. Das ganze Krankenhaus wirkt freundlicher, und
alle haben mehr Platz, Mitarbeitende und Patienten. Das Ziel
war ein Meter Abstand zwischen den Betten zu haben. Eines Morgens
kommen wir auf die Station und in der Bettenreihe stehen statt fünf
an einer Seite sechs Betten. Beim Nachfragen sagten die Patienten,
sie wollten nicht so weit voneinander entfernt liegen ... Es bleibt
ein Spagat zwischen medizinisch Sinnvollem und sozialer Nähe. Immer
wieder gibt es eine Diskussion über das Kaffee Trinken und Essen auf
den Stationen in der Mittagsbesuchszeit. Am Schluss gewinnt immer
das Argument, dass die menschlichen Beziehungen für die Heilung
ebenso wichtig sind wie die Medikamente, dass die Tasse Kaffee von
der Dorfnachbarin oder der Verwandtschaft wichtig sind.
Der Trend, was wir uns zum "Mini-Lehr-Krankenhaus" entwickeln, hat
sich verstärkt. Mit vielen ambulanten und stationären Patienten,
Operationen und Geburten sind wir Praktikumsort für drei
Universitäten und zwei Krankenpflegeschulen. So gehören jetzt
Gruppen von Auszubildenden in blendens-weißen Uniformen zum
Alltagsbild des Krankenhauses. Manchmal beklagen sich die Patienten,
vor allem die Schwangeren, über so viele Studenten. Dann gilt es
wieder mit beiden Gruppen zu reden. Ohne Praktikum ist die
Ausbildung schlecht, gleichzeitig gilt es taktvoll und in kleinen
Gruppen mit den Patienten umzugehen ... eine Spannung, die sich
nicht lösen lässt.
Ende des Jahres wird Sr. Antonia Redito, eine philippinische
Mitschwester, ihren 34-jährigen Einsatz in Äthiopien beenden. 25
Jahre davon war sie in Attat tätig, erst als Chriurgin, dann als
Verwaltungsleiterin und die letzten Jahre als Bauleitung bei den
Renovierungsarbeiten. Ein buntes, volles Leben. Die Dankbarkeit
vieler Menschen begleitet sie zurück in ihre Heimat. Ende des Monats
geben unsere 200 Angestellten für sie ein Abschiedsfest mit
Festessen auf Gurage-Art und vielen Sketchen über die Jahre hier.
Ebenfalls wird Ato Demeke, nach 28 Jahren Leitung des
Vorsorgeprogramms (Public Health), in den verdienten Ruhestand
gehen.
Beim Blick ins neue Jahr hoffen wir, dass sich Sr. Senait Mengesha,
als eine weitere äthiopische Mitschwester, zu unserer
Lebensgemeinschaft dazugesellt. Sie wird Sr. Inge unterstützen und
sich im Bereich des Vorsorge- und Frauenprogramms engagieren.
Das Universitätskrankenhaus, sieben Kilometer von uns entfernt, ist
immer noch nicht eröffnet. So wissen wir noch nicht wie es unsere
Arbeit beeinflussen wird. Warten wir ab. Von der Regierung wurde uns
eine Teerstraße bis zum Krankenhaus versprochen ... wir sind
gespannt ... aber einige Vermessungstechniker wurden schon
gesichtet.
Gerne erneuern wir unser Versprechen, die Anliegen unserer
Unterstützer im täglichen Gebet vor Gott zu bringen. Gott ist der
Geber alles Guten und unser Heiland, der Menschenwege gegangen ist
und mit uns unterwegs bleibt. Gesegnete Weihnachten, Vertrauen und
Zuversicht für den Weg durchs Neue Jahr wünschen
Ihre Missionsärztlichen Schwestern aus Attat.
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