Foto: © MISEREOR
Es gibt sie doch, die guten Nachrichten
MISEREOR-Bischof unterwegs in Äthiopien
"Wie wunderbar sind die Füße derer, die die guten Nachrichten
bringen", so lautet der Spruch an der Wand im Entwicklungsbüro der
katholischen Kirche im äthiopischen Adigrat. Wie selbstverständlich
besuchen in dieser Stadt Repräsentanten von Orthodoxen, Muslimen und
Katholiken gemeinsam Menschen, die in Armut leben. Über die
Religionsgrenzen hinaus versuchen sie Lösungswege aus Armut und Not
zu entwickeln. In Würdigung dieses interreligiösen Miteinanders
stellt der Hamburger Erzbischof Dr. Werner Thissen dieses gemeinsame
Kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben in Würde als eine der vielen
guten Nachrichten heraus, die er von dieser Reise mit nach
Deutschland zurücknimmt. "Wir müssen alles daran setzen, dass in
Deutschland ein gerechteres, ein ehrlicheres Bild von Afrika
entsteht als das des von Krisen und Kriegen geschüttelten Kontinents
ohne Hoffnung", so der Appell des MISEREOR-Bischofs.
Fast eine Milliarde Menschen leben hier in 53 Staaten. Damit stellt
Afrika mehr als ein Viertel der Mitgliedsstaaten der Vereinten
Nationen. Zugleich ist Afrika ein junger Kontinent, denn das
Durchschnittsalter seiner Bewohner liegt bei nur 17 Jahren und hat
ein ungeheures wirtschaftliches Potenzial. In Äthiopien begegnete
uns dieses junge Afrika in jedem Dorf und an jedem Platz. Kinder,
die schon im Vorschulalter Verantwortung übernehmen, ein paar Ziegen
oder Kühe hüten, oder die zu Fuß, mit Büchern in der Hand, den
weiten staubigen Weg zur Schule gingen und Brennholz oder Wasser
holten. Trotz sichtbarer Armut übertragen sie eine Atmosphäre voller
Vitalität und Lebensfreude auf uns Reisende. Erzbischof Thissen
wünscht sich mehr Bereitschaft der deutschen Industrie, auf diese
Menschen zu setzen. "In unseren Märkten schauen wir viel zu wenig
nach Afrika. Wenn hier die notwendige Entwicklung einsetzt, bietet
dieser Kontinent ein ungeheures wirtschaftliches Potenzial, in das
schon jetzt investiert werden sollte."
»Es sind viele gute Nachrichten, die wir
aus Äthiopien mitbringen dürfen. Lasst uns nicht nachlassen in
unserem Engagement. Betrachten wir Afrika gerecht und behandeln wir
diesen Kontinent fair.«
Soll Afrika sich selbst überlassen werden? Ist Hilfe von außen gar
schädlich? Diese Fundamentalkritik an Entwicklungshilfe klingt uns
noch in den Ohren, als wir die Gynäkologin Schwester Rita im
Krankenhaus in Attat begrüßen. Drei Autostunden entfernt von der
Hauptstadt Addis Abeba gewährleistet dieses Krankenhaus weit und
breit die einzige medizinische Versorgung. Schwester Rita wirkt
entspannt, obwohl sie gerade zwei Geburten betreut hat und jederzeit
weggerufen werden kann. "Unproblematische Geburten passieren
zuhause, dafür gehen afrikanische Frauen nicht in ein Krankenhaus,
wir schicken dann Hebammen dorthin", erklärt die Ärztin. Seit zwölf
Jahren leitet sie das Hospital und ist jedes Mal wieder glücklich zu
sehen, wenn todkranke Menschen nach drei Tagen zu ihrer Familie
zurückkehren und sich um sie kümmern können. "Finanziell trägt sich
unser Krankenhaus nie", sagt die Schwester dem Erzbischof. "Die
Kranken, die uns erreichen, können durchschnittlich nur einen
Eigenbetrag von 50 Cent aufbringen. Dies deckt gerade 45 Prozent
unserer Einnahmen."
MISEREOR und auch die Stiftung "Ein Herz für Kinder" helfen. Was wir
sehen, beeindruckt uns sehr. 65 Betten in drei großen Räumen, alle
sind belegt. 250 Menschen, die sich täglich in der Ambulanz
einfinden (...) wir sehen einen kleinen Operationssaal, in dem ein
junger holländischer Arzt gerade einen Jungen am Kopf operiert, wir
hören von integrierten Gesundheitsprogrammen ... All das wird von
den wenigen Schwestern und Ärzten im Krankenhaus initiiert und
organisiert. Das Zusammenspiel dieser Aktivitäten ist sehr
erfolgreich, wovon besonders Frauen und Kinder profitieren. Den Dank
von Schwester Rita für die Unterstützung aus Deutschland gibt
Erzbischof Thissen herzlich zurück: "Hier ist jeder Cent notwendig
und wirklich gut angelegt. Ohne Unterstützung von außen geht das
nicht."
Michael Kleine
in
MISEREOR aktuell 4/2009 (gekürzt)
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